Symbolbild:Eine Hand hält eine Kartusche mit Pfefferspray.(Quelle:picture alliance/dpa/B.Weißbrod)

Berlin Reizgas: Immer mehr Vorfälle in Berlin

Stand: 19.05.2025 16:10 Uhr

Mal passiert es in einem Einkaufszentrum, mal bei einem Rap-Konzert - in den vergangenen Wochen und Monaten ist es zu mehreren Reizgas-Attacken in Berlin gekommen, immer gab es mehrere Verletzte. Die Polizei erkennt einen Trend.

Die Vorfälle mit Reizgas nehmen in Berlin zu. Das bestätigte die Polizei Berlin auf rbb|24-Nachfrage. Allein in diesem Jahr wurden im Zeitraum vom 1. Januar bis zum 30. April 589 Vorfälle bei der Polizei registriert, bei denen Reizgas zum Einsatz kam. Im vergangenen Jahr waren es im selben Zeitraum 542 Vorfälle.
 
Immer wieder wird bei Streitereien in Berlin Reizgas oder Pfefferspray gezückt. So zum Beispiel am 13. Mai bei einem Streit in einem Einkaufszentrum. Dabei wurden 14 Menschen verletzt.

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Fälle nehmen zu

Neben dem Vorfall in einem Einkaufszentrum wurde kürzlich auch bei einem Konzert des Rappers Samra ein Reizstoff versprüht. Bei dem Auftritt in den Neuköllner Gropius-Passagen sind nach Polizeiangaben 18 Menschen verletzt worden.
 
Die Polizei erklärt dazu, dass "ein steigender Trend zu beobachten" sei. 2023 registrierte die Polizei zwischen dem 1. Januar und dem 30. April 480 Fälle, bei denen als Tatmittel Reizgas verwendet wurde. Im diesjährigen Zeitraum waren es über 100 mehr. Die Täter sind dabei meist männlich und erwachsen. Bei der Herkunft der Tatverdächtigen ist kein Trend erkennbar. Sie sind ähnlich oft deutsche Staatsbürger wie nicht-deutsche Staatsangehörige.

Reizgas nicht überall erlaubt

Es gibt zwei Arten von Reizgas oder Reizsstoffen. Im CS- oder CN-Gas heißt der Wirkstoff Chlorbenzylidenmalonsäuredinitril (CS) oder Chloracetophenon (CN). Diese Sprays gelten als Waffen. Wer sie mitführen möchte, braucht eine amtliche Freigabe und Prüfsiegel vom Bundeskriminalamt (BKA) auf dem Spray. "Sind entsprechende Prüfsiegel nicht vorhanden, so ist der Straftatbestand des Umgangs mit einer verbotenen Waffe verwirklicht", heißt es von einer Sprecherin der Polizei Berlin.
 
Anders ist das beim sogenannten "Pfefferspray". Hier heißt der Wirkstoff Oleoresin Capsicum (OC). Dieses Spray darf man ohne amtliche Freigabe kaufen. Allerdings nur, wenn die Dose explizit als "Tierabwehrspray" gekennzeichnet ist. Ein gekennzeichnetes und somit legales Tierabwehrspray gilt nicht als Waffe. Der Umgang damit ist frei. "Ist ein entsprechender Hinweis zum exklusiven Einsatz gegen Tiere nicht gegeben, so handelt es sich um eine verbotene Waffe, deren Umgang strafrechtlich relevant ist", so die Polizei.
 
In Berlin wurden Ende 2024 drei Waffen- und Messerverbotszonen eingeführt. Das betrifft den Görlitzer Park und das Kottbusser Tor in Kreuzberg sowie den Leopoldplatz im Wedding - alle drei Areale gelten als Hotspots der Kriminalität. "Das Mitführen von Reizstoffsprühgeräten in einer Waffen- und Messerverbotszone ist grundsätzlich verboten", heißt es in einer Mitteilung der Polizei Berlin.

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Reizgas kann tödlich sein

Das Einatmen von Reizgas oder Pfefferspray kann zu erheblichen Reaktionen des Körpers führen. "In der Regel führt Reizgas zu Reizungen der Schleimhäute. Es kann zum Tränen der Augen, Husten, Hautrötungen und Hautjucken kommen", erklärt der Pneumologe Norbert Mülleneisen vom Berufsverband der Lungenärzte.
 
Besonders gefährlich kann es werden, wenn Reizgas in geschlossenen Räumen in großer Menge eingeatmet wird. "Dann kann es zu einem Lungenödem und sogar bis hin zum Tod kommen", so der Lungenarzt. Gefährdet sind besonders ältere Menschen mit einer Lungenvorerkrankung und jüngere Menschen mit einer asthmatischen Veranlagung, von der sie nichts wissen. "Wenn diese Menschen plötzlich einen asthmatischen Anfall bekommen und nicht wissen, wie sie damit umgehen müssen, kann es gefährlich werden", so Mülleneisen.
 
Wie stark die Auswirkungen auf den Körper sind, hängt von der individuellen Empfindlichkeit der Menschen und von der Dosis ab, die sie abbekommen haben.

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