Theelens Gemüsehandel am deutsch-belgischen Grenzübergang

Nordrhein-Westfalen Belgien stoppt Atomausstieg - geteilte Meinungen an der NRW-Grenze

Stand: 16.05.2025 15:26 Uhr

Belgien hat den geplanten Ausstieg aus der Atomenergie gestoppt. Das sorgt für gemischte Reaktionen in der Grenzregion.

Von Pierre Dyckmanns

Halb elf am deutsch-belgischen Grenzübergang Köpfchen bei Aachen. Die Sonne scheint und am Parkplatz gegenüber des alten Zollamts räumt die Verkaufshilfe von Theelens Gemüsehandel frische Erdbeeren in die Auslage. Heile Welt. Nichts deutet an diesem Freitag darauf hin, dass das belgische Parlament an diesem Morgen eine folgenreiche Entscheidung getroffen hat: Mit großer Mehrheit haben die Abgeordneten den Atomausstieg gestoppt und für den Bau neuer Kraftwerke gestimmt.

Kein Atomausstieg in Belgien: Sorge in NRW

"Was sollen wir sonst machen?"

Die Reaktionen auf die Entscheidung sind auffällig einstimmig. Zumindest hier am Grenzübergang. Viele befürworten das Vorgehen der Regierung. "Man kann nicht alles aufgeben und hat gleichzeitig nichts Neues", sagt eine ältere Dame aus Belgien. "Ich habe da Verständnis für, was sollen sie sonst machen?"

Das sieht auch Martin aus Hauset so. Er wohnt in dem ostbelgischen Dorf bei Eupen in der deutschsprachigen Region. Er ist extra zum Spargel kaufen gekommen. "Ich sehe das durchaus positiv, meiner Meinung nach gibt es aktuell nichts Saubereres." Für eine kurze Antwort bleiben die Leute gern stehen - ein Foto will aber niemand machen.

Kehrtwende in der Energiepolitik

Das belgische Atomkraftwerk Tihange

Das belgische Atomkraftwerk Tihange

Eigentlich hatte Belgien bereits 2003 den Ausstieg aus der Kernenergie beschlossen. Schon in diesem Jahr sollten alle Reaktoren in den grenznahen Kraftwerken Doel und Tihange vom Netz gehen. Doch der endgültige Ausstieg wird seit Jahren nach hinten verschoben. Durch die Gesetzesänderung steht einer erneuten Laufzeitverlängerung der in die Jahre gekommenen Meiler bis 2035 nichts mehr im Weg.

Sorge auf deutscher Seite wegen alten Atomkraftwerken in Belgien

Auf deutscher Seite stößt die Entscheidung daher auf heftige Kritik. Seit vielen Jahren setzten sich verschiedene Bündnisse für ein Ende der Meiler ein. Aachens grüne Oberbürgermeisterin Sibylle Keupen sieht die Entscheidung als Rückschritt. Gerade wo man bei der Energiewende in Deutschland so viel erreicht habe. Die Parteien in Belgien wollten sich am Morgen noch nicht zu dem Beschluss äußern.

Auswirkungen auf die Region noch unklar

Martin hat für die Sorgen der Deutschen nur bedingt Verständnis. "Ich weiß, dass das hinter der Grenze nicht so gern gesehen wird, aber es fragt auch keiner, wie viele sterben durch den Dreck, der in Weisweiler in die Luft gepumpt wird", sagt er mit einem Augenzwinkern. Er meint das nahe gelegene Braunkohle-Kraftwerk auf deutscher Seite. "Aber da haben wir Belgier es eigentlich gut. Wir haben ja meistens Westwind."

Was die Entscheidung tatsächlich für die Meiler Doel und Tihange bedeutet, ist aber noch unklar. Der Betreiber selbst hatte sich wegen der hohen Wartungskosten eigentlich gegen den weiteren Betrieb der Kraftwerke ausgesprochen.

Die Entscheidung ist für viele hier trotzdem alternativlos. Und solange es bei Theelens Gemüsehandel weiter rote Erdbeeren gibt, sind Tihange und Doel für die Menschen gefühlt noch weit weg.

Unsere Quellen:

  • Reporter vor Ort
  • Oberbürgermeisterin Aachen
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